[Werbung durch Produktnennungen und Affiliate-Links. Teilweise wurden mir die Bücher kostenlos zur Rezension zur Verfügung gestellt, was meine freie, ehrliche Meinung jedoch nicht beeinträchtigt.]
Rebekka Endler – Das Patriarchat der Dinge

Inhalt:
Unsere Umwelt wurde von Männern für Männer gestaltet. In ›Das Patriarchat der Dinge‹ öffnet Rebekka Endler uns die Augen für das am Mann ausgerichtete Design, das uns überall umgibt. Und sie zeigt, welche mitunter lebensgefährlichen Folgen es für Frauen hat. Unsere westliche Medizin ist beispielsweise – mit Ausnahme der Gynäkologie – auf den Mann geeicht: von Diagnoseverfahren und medizinischen Geräten bis hin zur Dosierung von Medikamenten. Aber auch die Dummys für Crashtests haben den männlichen Körper zum Vorbild – und damit das ganze Auto samt Airbags und Sicherheitsgurten. Der öffentliche Raum ist ebenso für Männer gemacht: Architektur, Infrastruktur und Transport, sogar die Anzahl öffentlicher Toiletten oder die Einstellung der Temperatur in Gebäuden.
Wer überlebt einen Herzinfarkt? Wer friert am Arbeitsplatz und für wen ist er gestaltet? Für wen sind technische Geräte leicht zu bedienen? Für wen ist das Internet? Das Patriarchat ist Urheber und Designer unserer Umwelt. Wenn wir uns das bewusst machen, erscheinen diese Fragen plötzlich in einem neuen Licht.
Mein Eindruck:
Es sollten viel mehr solche Bücher gelesen werden. Ob es sich nun um Rassismus, Unterdrückung oder wie hier der allgegenwärtigen Männlichkeit handelt – wenn man Dinge nicht explizit aufgezeigt bekommt, sieht man sie ganz einfach so oft nicht! Zumindest ging es mir so. Auch dieses Buch ist wieder ein absoluter Augenöffner. Ich nehme in meinem Alltag so vieles einfach hin, ohne zu Hinterfragen, ohne mir überhaupt einmal Gedanken zu machen, warum manches ist, wie es ist. Und eben – zur Thematik des Buches – warum immer noch das ganze Leben, der Alltag, die Arbeitswelt, das Gesundheitssystem etc. komplett auf den Mann ausgerichtet sind. Absoluter Augenöffner mit krassen Fallbeispielen, die mir wirklich den Mund offen stehen ließen. Lest das, als Frauen, um „Sand ins Getriebe des Patriachts zu streuen“, als Mann, um die Augen zu öffnen und etwas an bestehenden Gegebenheiten zu ändern und Verständnis zu entwickeln. Darüber sollte gesprochen werden, um ein neues Verständnis zu schaffen!

Inhalt:
Candace Chen arbeitet für einen Verlagsdienstleister am Times Square – zuständig für die Herstellung von Themenbibeln in Asien. So hingebungsvoll folgt sie ihren täglichen Routinen, dass sie erst gar nicht bemerkt, wie tödliche Pilzsporen über New York hereinbrechen – ins Land gekommen durch billige, in China hergestellte Konsumgüter. Das Shen-Fieber greift rasant um sich. Geschäfte schließen. U-Bahnen stehen still. Menschen fliehen. Bald ist sie fast ganz allein in New York. Doch dann muss auch Candace die Stadt verlassen und schließt sich einer Gruppe Überlebender an – in Sicherheit ist sie damit aber noch lange nicht, wie sie bald erfahren wird.
Mein Eindruck:
Ein absolut aktueller Roman über gesellschaftliche Themen wie Migration, Familie, Kapitalismus, Arbeit, Liebe, Perspektivlosigkeit und Gefühlsleben junger Großstädter, inmitten einer apokalytischen Epidemie. Hier steckt also ganz viel drin, wirkt aber nicht überladen, sondern handelt die Themen eher im Vorbeigehen ab, da die Protagonistin sich damit konfrontiert sieht. Zudem liebe ich es ja, wenn ernste Themen mit einer guten Portion Sarkasmus und Humor angegangen werden. Durchaus ein sehr gelungenes Buch, mit so vielen Parallelen zur aktuellen Situation, die trotz des Humors nie den bitteren Ernst der Sache vergessen lassen. In welche Richtung entwickelt sich unsere Gesellschaft? Welche nichtigen Fragen beschäftigen uns denn und sollten wir uns nicht wieder auf simplere Dinge berufen? Wann kippt die Situation, was für Menschen werden wir gerade durch Druck, Kommerz, Status, Konsum? Das Buch hallt nach, wenn man es denn lässt. Das Ende kam abrupt und passte doch so gut, denn es lässt uns verloren zurück, beinahe ohne Alternative, man muss einfach darüber nachdenken.
Honoré de Balzac – Oberst Chabert

Inhalt:
Der napoleonische Oberst Chabert wird 1807 bei der Winterschlacht im ostpreußischen Eylau schwer verwundet und später für tot erklärt. Doch Chabert hat überlebt und kehrt nach langer Irrfahrt zurück nach Paris, wo sich seine Frau sein Vermögen angeeignet und neu geheiratet hat. Alle Versuche des betrogenen Oberst, zumindest einen Teil seines Eigentums zurück zu erhalten, scheitern, Niedertracht und Egoismus der Kriegsgewinnler obsiegen. Die Erzählung von Honoré de Balzac (1799–1850) schließt mit dem berühmten Satz: »Alle Schrecklichkeiten, die ein phantasievoller Dichter erfinden könnte, sind nichts gegen die Wahrheit.«
Mein Eindruck:
Auch mal außerhalb der Schule einen Klassiker lesen. Ein Text, der weitaus älter ist, als man selbst und dennoch den Kern der Gesellschaft nach wie vor auf den Punkt trifft. Ein Oberst, der scheinbar im Krieg gefallen ist, jedoch in Wahrheit überlebte und sich wieder versucht an die Oberfläche zu kämpfen. Dabei war seine Amnesie das kleinste Übel, vielmehr kämpft er darum, als der, der er ist anerkannt zu werden. Doch Justiz und seine moralisch verwerfliche Ehefrau lassen dies nicht zu. Identitätsverlust, Korruption, Egoismus und der Verlust an den Glauben an die Menschheit werden eindrucksvoll geschildert und sind leider so aktuell wie eh und je.
Barbara Leciejewski – Fritz und Emma

Inhalt:
1947: Emma ist überglücklich, dass ihr geliebter Fritz doch noch aus dem Krieg in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist. Schon lange sind sie ein Paar, nun fiebert Emma der Heirat entgegen. Doch der Krieg hat einen Schatten auf Fritz‘ Seele gelegt, gegen den nicht einmal Emma mit all ihrer Liebe ankommt. Und dann, in der Nacht, die eigentlich die glücklichste ihres Lebens sein sollte, geschieht etwas Schreckliches, das alles verändert.
2018: Marie ist mit ihrem Mann neu nach Oberkirchbach gezogen und lernt nach und nach die Einwohner des Dörfchens kennen. Auch den 92-jährigen griesgrämigen Fritz Draudt und die ebenso alte Emma Jung, die am entgegengesetzten Ende des Dorfes lebt. Marie erfährt, dass die beiden seit fast siebzig Jahren nicht miteinander gesprochen haben. Dabei wollten sie einst heiraten. Marie nimmt sich vor, Fritz und Emma wieder miteinander zu versöhnen, bevor es zu spät ist …
Mein Eindruck:
Was für ein zauberhaftes, herzerwärmendes Buch. Ich habe es von der ersten bis zur letzten Seite genossen. Eine Liebesgeschichte über viele Jahrzehnte, die aber nicht die typische, schnulzige Art an den Tag legt, sondern mit Krieg, Nachkriegsjahren, Verlusten, Dorfgeschehen und Selbstfindung gespickt ist. Im Mittelpunkt stehen nicht nur Fritz und Emma, wie der Name des Buches vermuten lässt, sondern auch Marie, die wegen ihres Mannes aufs Dorf zieht und sich dort anfangs sehr verloren fühlt. Die Entwicklung der einzelnen Personen mitzuerleben ist wundervoll. Auch wenn das Buch keine großen Überraschungen bereit hält, wird es keine Minute langweilig oder öde. Man fiebert, leidet und fühlt mit, wird tief im Herzen berührt, ist traurig, wieder glücklich und schließt den Buchdeckel schlussendlich mit einem wohligen Seufzer. Das alles ist so schön geschrieben, dass man nur so über die Seiten fliegt. Zudem kommt jeder Protagonist mit seiner eigenen Erzählperspektive zu Wort. Ein Buch voller sympathischer, schrulliger und lustiger Hauptpersonen. Langeweile kommt ebenso durch die verschiedenen Rückblenden und Zeitsprünge nicht auf. Rundum gelungen und eine klare Leseempfehlung von mir, wenn man gerne in eine Geschichte fürs Herz versinken möchte, ohne dass diese lapidar und schnulzig daher kommt.
Andreas Steinhöfel – Die Mitte der Welt

Inhalt:
Normal? Nein, normal fühlt man sich nicht, wenn man gerade 17 Jahre alt ist und mit einer chaotischen Mutter und einer verschlossenen Zwillingsschwester in einem verfallenen Landhaus am Rande der Welt zusammenlebt. Was immer ein normales Leben auch sein mag, der siebzehnjährige Phil hat es nie kennengelernt. Um ihn herum sind ungewöhnliche Menschen versammelt: Glass, die einen merkwürdigen Zauber auf Menschen ausüben kann; Diane, schroff und eigenwillig. Und schließlich Nicholas, der Unerreichbare, in den Phil sich unsterblich verliebt. Eines ist sicher: Dieses Jahr wird über seine Zukunft entscheiden.
Mein Eindruck:
Mama, Papa, Friede, Freude, Eierkuchen… so kann ein Aufwachsen aussehen, aber es geht eben auch anders, wie dieses Buch zeigt. Eine ungewöhnliche Behausung, eine Zwillingsschwester, die sich nicht öffnet, eine Mutter, die keinen Vater präsentiert und wechselnde Männer an ihrer Seite hat und eine sexuelle Orientierung, die nicht der vermeintlichen „Norm“ entspricht. Einfach und glatt läuft es bei Phil definitiv nicht. Aber genau das macht zum einen den Charme des Buches aus, zum anderen bringt es Phil in seiner Persönlichkeitsentwicklung weiter. Bei der Suche nach seiner Identität, beim Verlassen der Kindheit zum jungen Erwachsenen, bei allen Gefühlen, die ihn beschäftigen, darf der Leser beiwohnen und Phil begleiten. Als wäre das nicht schwierig genug, findet sich Phil zusätzlich in keiner geborgenen, sicheren Familiensituation wieder, denn er kennt weder seinen leiblichen Vater, noch hat er einen Ersatz an der Seite seiner Mutter, die ihre Kinder alleinerziehend durchs Leben bringt. Der Roman ist für mich mehr als ein Jugendbuch und geht unglaublich einfühlsam mit der Gefühlswelt der Heranwachsenden um.
Mai Thi Nguyen-Kim – Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit

Inhalt:
Fakten, wissenschaftlich fundiert und eindeutig belegt, sind Gold wert. Besonders dann, wenn Fake News oder Halbwahrheiten die öffentliche Debatte bestimmen und ein sachlicher Diskurs nicht mehr möglich ist. Ob Klimawandel, Homöopathie, Feinstaub oder Erblichkeit von Intelligenz – die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim räumt bei diesen und anderen großen Streitthemen mit diesem Missstand auf. Klarsichtig und kurzweilig legt sie dar, was faktisch niemand mehr bestreiten kann und worauf wir uns alle einigen können. Mehr noch: Sie macht deutlich, wo die Fakten aufhören und wissenschaftliche Belege fehlen – wo wir uns also völlig zu Recht gegenseitig persönliche Meinungen an den Kopf werfen dürfen.
Themen: Die Legalisierung von Drogen, Videospiele, Gewalt, Gender Pay Gap, systemrelevante Berufe, Care-Arbeit, Lohngerechtigkeit, Big Pharma vs. Alternative Medizin, Homöopathie, klinische Studien, Impfpflicht, die Erblichkeit von Intelligenz, Gene vs. Umwelt, männliche und weibliche Gehirne, Tierversuche und von Corona bis Klimawandel: Wie politisch darf Wissenschaft sein?
Mein Eindruck:
Wer kennt sie nicht, die sympathische, authentische Wissenschaftlerin, die uns die Welt erklärt, in Worten, die auch der normale Sesselpupser ohne Studium versteht! So war das Buch beinahe ein Muss für mich. Ja bitte, Frau Doktor Ngueyen-Kim – erkläre mir die Welt! Das Buch liest man nicht im Halbschlaf im Bett, wenn man beinahe schon im Träumeland verschwunden ist. Ein wenig Konzentration sollte schon dabei sein, dann versteht man auch, was uns die Autorin hier näher bringt. Sie erklärt so einige Theamtiken, die schon Jahrzehnte in der Gesellschaft kursieren, von „Glaube keiner Statistik, die Du nicht gefälscht hast“ bis hin zu „was wissenschaftliche Studien wirklich bedeuten“. Der Otto-Normal-Bürger kommt hier mit den unterschiedlichsten Bereichen in Berührung, mit denen man sonst einfach wenig zu tun hat, lediglich in der Vergangenheit mal aufschnappte, aber nie mitdiskutieren könnte. Es fühlt sich beim Lesen ein wenig an wie „Die Sendung mit der Maus“ für Erwachsene in Bezug auf wissenschaftliche Gebiete. Ich bin während des Lesens auf das Hörbuch gewechselt, bin ich doch die Stimme von den genialen Youtube-Videos gewöhnt und kam damit einfach noch besser zurecht, auch wenn die Abbildung der Statistiken natürlich für das Buch sprachen. Alles in allem ein gelungener Exkurs in eine Welt, die mich umgibt, aber bisher nicht so nah an mich heran kam. Dennoch bleibe ich lieber bei ihrem Youtube-Kanal.
Nina Sahm – Die Tage mit Bumerang

Inhalt:
Eine Geschichte, die glücklich stimmt und voller liebenswerter Figuren steckt.
Nichts ist mehr wie vorher in dem kleinen Dorf. Seitdem Annu einen tragischen Unfall verursacht hat, schneiden sie die Nachbarn. Sogar ihr bester Freund Lars hat sich von ihr abgewandt. Langsam, aber sicher verzweifelt Annu allein in ihrem windschiefen Haus. Bis eines Tages ein Schaf vor ihrer Tür steht, das sich nicht wegschicken lässt. Der störrische Gast heißt von nun an Bumerang – und holt Annu langsam ins Leben zurück.
Die Zuversicht kommt im Schafspelz: ein hinreißender Roman, der einen direkt in den verwilderten Garten von Annu versetzt, mitten auf das alte Sofa, auf dem es sich auch schon Bumerang bequem gemacht hat.
Mein Eindruck:
Ein wirklich liebenswerter Roman, bei dem mir direkt alle Protagonisten sympathisch waren. Es geht um Freundschaft, um Gefühle, um Umgang mit Schuld und das Leben an und für sich. Das wird hier sehr einfühlsam, lustig, herzerwärmend und unterhaltsam beschrieben. Ich mochte die Sprache und den Schreibstil, es lies sich sehr flüssig lesen.
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