Anika Decker – Wir von der anderen Seite
Inhalt:
Als Rahel Wald aus einem heftigen Fiebertraum erwacht, versteht sie erst mal gar nichts. Wo ist sie, warum ist es so laut hier, was sind das für Schläuche überall. Nach und nach beginnt sie zu verstehen: Sie ist im Krankenhaus, sie lag im Koma. Doch richtig krank sein, hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt: feierlicher, ja, heiliger.
Als Komödienautorin kennt sich Rahel durchaus mit schrägen Figuren und absurden Situationen aus, aber so eine Reise von der anderen Seite zurück ins Leben ist dann doch noch mal eine eigene Nummer. Vor allem, wenn der Medikamentenentzug Albträume und winkende Eichhörnchen hervorruft. Zum Glück kann sie sich auf die bedingungslose Unterstützung ihrer verrückten Familie verlassen, die immer für sie da ist. Und noch etwas wird Rahel immer klarer: Ihr Leben ist viel zu kostbar, um es nach fremden Erwartungen auszurichten. Von jetzt an nimmt sie es selbst in die Hand.
Mein Eindruck:
Ich frage mich, ob ich den Mut hätte, dieses Buch einem Menschen zu schenken, dessen Herz seinen Dienst nur noch schwerlich tut, der schwerkrank ist und dem der Tod im Nacken sitzt. Mich würde es in dieser Situation eventuell trösten, denn es ist wirklich wundervoll einfühlsam geschrieben, befasst sich mit der Schonung der Betroffenen, mit Lügen, mit Erinnerungslücken, der Liebe, dem Selbstwertgefühl und der Familie der Betroffenen. Alle stehen vor einer großen Herausforderung, wenn ein Angehöriger plötzlich zu sterben droht. Dieses Buch beleuchtet jedoch nicht nur den Umgang damit, sondern nimmt sich auch ganz viel Zeit für die Ausarbeitung des Charakters der Protagonistin, sodass wir sie nicht nur während ihrem Kampf erleben, sondern nach und nach auch in der Vergangenheit kennenlernen und ebenso einen Ausblick auf die Zukunft erhalten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es war so sanft, so einfühlsam, auch wenn es sich mit dem grausamen Thema Tod auseinander setze.
Stephanie Schuster – Die Wunderfrauen
Inhalt:
Vier starke Frauen zwischen Wirtschaftswunder und Hippiezeit, zwischen Nylons und Emanzipation, zwischen Liebe und Freundschaft – die Wunderfrauen-Trilogie
„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“ 1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder alles geben, was das Herz begehrt. Sie sieht es schon vor sich: die lange Ladentheke mit großen Bonbongläsern darauf, eine Kühlung für Frischwaren, Nylonstrümpfe, buttriger Kuchen, sonntags frische Brötchen … und das Beste daran: endlich eigenständig sein. Endlich nicht mehr darüber nachdenken, warum ihre Ehe nicht so gut läuft, endlich sie selbst sein und etwas wagen.
Drei Frauen werden immer wieder Luises Weg kreuzen: Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin von nebenan, die junge Lernschwester Helga Knaup und Marie Wagner, geflohen aus Schlesien. Sie alle haben in den Zeiten des Aufbruchs und des Neubeginns einen gemeinsamen Wunsch: Endlich wieder glücklich sein.
Mein Eindruck:
Wir begleiten vier Frauen in den Nachkriegsjahren. Diese vier könnten unterschiedlicher nicht sein. Alle haben mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen, jede macht etwas anderes aus ihren Chancen. Alle befinden sich in total unterschiedlichen Situation und Erwartungen oder Wünschen an das Leben. Mir gefällt, wie man bereits bei allen Frauen den Umbruch spürt, wie Frauen nicht mehr nur hübsches Anhängsel der Männer sind, sondern ihr Leben selbst in die Hand nehmen und ihren Weg gehen. Zusätzlich zum Thema „Frau“ wird sich im Buch aber auch mit den Schwierigkeiten der damaligen Nachkriegszeit befasst, mit Kriegsheimkehrern, Umgang mit Behinderten, Nazi-Vergangenheit etc. Das Buch gipfelt im Endspiel der Weltmeisterschaft ´54 und hört genau so abrupt auf, wie Deutschland Fußballweltmeister wird. Ziemlich alle Fragen bleiben offen, was vorhersehbar war, bei einem Mehrteiler. Die Autorin erreicht damit genau, was sie möchte: man kann kaum abwarten, bis der nächste Band erscheint! Ich habe mich sehr gut in die Geschichte und die Gefühlswelten der Frauen eingefunden und mag die Einschübe der Rezepte, Haushaltsbücher oder Tipps und Tricks fürs Frausein in den 50er Jahren. Ich freue mich auf die weiteren Bände.
Olivier Bourdeaut – Warten auf Bojangels
Inhalt:
Sie tanzen zu „Mr. Bojangles“, sie mixen sich Cocktails, gemeinsam mit ihrem Sohn reisen sie in ihr Schloss nach Spanien. Sie ist charmant und charismatisch, nimmt alle für sich ein mit ihrer extravaganten Art. Georges liebt sie hingebungsvoll, die beiden feiern das Leben, wann immer es geht, denn sie kennen auch seine dunklen Momente: Georges‘ schillernde Frau ist manisch-depressiv. Als diese bittere Wahrheit ihr Paradies zu zerstören droht, entführen Vater und Sohn die Frau, die sie lieben, kurzerhand aus der Psychiatrie. In einem englischen Oldtimer nehmen sie Kurs auf Spanien, in der Hoffnung, dort so weiterleben zu können wie bisher.
Mein Eindruck:
Eine verrückte Liebesgeschichte zweier Menschen außerhalb der Norm. George und seine Frau lassen keine Gelegenheit aus, ihr Leben zu genießen und zu feiern. Verrückte und außergewöhnliche Situationen und Verhaltensnormen prägen auch den Alltag ihres Sohnes. Als die Mutter jedoch als manisch-depressiv diagnostiziert wird und die Familie zusammen aus der Psychiatrie türmt, bäumt sich die Lebenslust nochmal zu ihrem Höhepunkt auf, gerät dann jedoch völlig aus den Fugen. Voller Leichtigkeit tanzt der Leser zum Roman mit und freut sich über die Lebenslust der Protagonisten – genauso spürt man jedoch die schwarze, gefährliche Wolke, die über der Szenerie schwebt. Die tiefgründige Traurigkeit gehört ebenso zum Leben und Lesen dazu, wie das leichtfüßige Tänzeln durch die Seiten der Geschichte.
Ilona Hartmann – Land in Sicht
Inhalt:
Jana hat ihren Vater nie kennengelernt. Alles, was sie über ihn weiß, ist, dass er als Kapitän auf der MS Mozart arbeitet, einem eher wenig glamourösen Kreuzfahrtschiff auf der Donau. Also bucht sie sich kurzerhand eine Woche dort ein. Ob sie sich ihm zu erkennen geben wird, weiß sie noch nicht. Mit knapp hundert Gästen im Seniorenalter und der trinkfesten Bordbesatzung beginnt die Fahrt von Passau nach Wien. Mit großer Sensibilität erzählt Ilona Hartmann die Geschichte einer jungen Frau auf der Suche nach den eigenen Wurzeln. Ein Roman voller Situationskomik und ungewöhnlicher Begegnungen, aber auch der Beginn einer zärtlichen, emotionalen Annäherung zwischen Vater und Tochter, die gerade erst lernen, was es heißt, einander Familie zu sein.
Mein Eindruck:
Ein Buch, welches keine großen Stimmungen und Gefühle in mir hervorruft. Es war definitiv gut zu lesen, der Schreibstil hat mir gefallen, der Sarkasmus ebenso. Auch die zweifelnden, teilweise absurden Gedanken der Protagonistin waren sympathisch und teilweise nachvollziehbar. Dennoch hat mich die Story nicht vollends gepackt. Vielleicht hätte ich die Geschichte auch gerne in mehr als 153 Seiten gelesen. Man muss der Autorin aber definitiv lassen, dass sie es in der Kürze des Buches dennoch gut geschafft hat, zu fesseln und sowohl ein Buch mit Tiefgang, als auch mit melancholischer Leichtigkeit zu schaffen. Und wie um Himmels Willen soll man sich schon verhalten, wenn man nach einem halben Leben plötzlich seinen Vater kennenlernt? Ich habe weder bereut das Buch zu lesen, noch wird es mir lange in Erinnerung bleiben. Aber ich liebe das Buchcover!
Bov Bjerg – Serpentinen
Inhalt:
Ein Vater unterwegs mit seinem Sohn. Ihre Reise führt zurück in das Hügelland, aus dem der Vater stammt, zu den Schauplätzen seiner Kindheit. Da ist das Geburtshaus, dort die elterliche Hochzeitskirche, hier der Friedhof, auf dem der Freund Frieder begraben liegt. Ständiger Reisebegleiter ist das Schicksal der männlichen Vorfahren, die sich allesamt das Leben nahmen: „Urgroßvater, Großvater, Vater.
Ertränkt, erschossen, erhängt.“ Der Vater muss erkennen, dass sein Wegzug, seine Bildung und sein Aufstieg keine Erlösung gebracht haben. Vielleicht helfen die Rückkehr und das Erinnern. Doch warum bringt er seinen Jungen in Gefahr? Warum hat er keine Antwort auf dessen bange Frage: „Um was geht es?“ Er weiß nur: Wer zurückfährt, muss alle Kurven noch einmal nehmen. Wenn er der dunklen Tradition ein Ende setzen will
Mein Eindruck:
Puh, also das war mir ein wenig zu abstrakt, zu viele Zeitsprünge, zu viel zwischen den Zeilen. Vielleicht war ich nicht gut genug drauf beim Hören, vielleicht hätte ich es lieber lesen sollen, aber leider kam die Geschichte nicht richtig an mich ran. Von der Buchwelt zwar hochgelobt, von mir leider nicht. Auch die Erzählweise des Autors hat mich teilweise genervt. Er sagte, sie sagte, er sagte, er sagte. Irgendwie anstrengend. Ich gebe zu, dass ich das Buch mit Erleichterung beendet habe.
Hans Rath – Im nächsten Leben wird alles besser
Inhalt:
Im beschaulichen Leben von Arnold Kahl bricht urplötzlich eine neue Zeitrechnung an: Über Nacht wird der 53-jährige ins Jahr 2045 katapultiert. Ist das ein Alptraum? Oder eine physikalische Anomalie? Arnold weiß nur: Ab sofort ist er ein alter Sack, der die Welt nicht mehr versteht. Künstliche Intelligenz steuert sämtliche Lebensbereiche, humanoide Serviceroboter erledigen die Arbeit. Wer sich die reale Welt nicht mehr leisten kann, der zieht nach Times Beach, einem virtuellen Freizeitpark. Arnolds persönlicher Assistent heißt Gustav. Der charmante Uralt-Roboter hilft bei der Rekonstruktion von Arnolds Leben, das sich als ein Desaster entpuppt. Arnold hat es gründlich verbockt. Seine Ehe und Familie sind Geschichte, sein Leben ein Jammertal. Er wünschte, er könnte die letzten 25 Jahre zurückdrehen – aber wie?
Mein Eindruck:
Arnold ist ein grummeliger Zeitgenosse, der es seinen Mitmenschen nicht gerade leicht macht, ihn zu mögen. Eines Tages wacht er auf und findet sich in der Zukunft wieder. Hier beginnt die Dystopie und Arnold lässt sein Leben Revue passieren. Er kann sich an die letzten 25 Jahre nicht erinnern, merkt aber, dass er ein wirklich unangenehmer Zeitgenosse war, realisiert, was er besonders vermisst und was er an anderen Menschen versäumt hat. Die Beschreibung der Zukunft gepaart mit dem knorzeligen Arnold, der langsam merkt, dass er sich ändern will, macht das Buch zu einem Lesevergnügen. Ich mag die Theorien, wie sich alles in Zukunft entwickeln könnte und es ist schön azusehen, wie der Protagonist sich zum positiven ändert. Ein kurzweiliges Lesevergnügen, ohne großen Tiefgang, jedoch mit lehrhaftem Inhalt. Nette Geschichte für zwischendurch.
Volker Jarck – Sieben Richtige
Inhalt:
Ein kleines Mädchen, zur falschen Zeit an der falschen Kreuzung. Ein Umzugswagen, der nicht an sein Ziel kommt. Eine viel zu traurige E-Mail, eine Frau, die auf ihre Möbel wartet, und ein Abend in Rom mit zu viel Gin im Tonic. Nur ein paar Sommer-Sekunden verändern und verbinden die Lebenswege von Greta, Victor, Eva und all den anderen. Irgendwo zwischen Bochum, Boston und Köln glauben sie an ihre Träume, an die Zukunft oder an das Glück, einmal die Hauptrolle im Leben eines anderen zu spielen. Und jeder Sommer-Abend kann das unvergessliche Kapitel eines richtigen Lebens werden.
Mein Eindruck:
Ein absoluter Lesegenuss! Ich bin hellauf begeistert von diesem Buch und lege es jedem ans Herz, der mehrere Erzählstränge mit wundervoller Ausdrucksweise und bezaubernder Bildsprache liebt! Die unterschiedlichen Geschichten kreuzen sich immer wieder, Personen werden miteinander verknüpft, scheinbar unabhängige Geschehnisse haben dennoch Einfluss auf die restlichen Protagonisten. Das ist so Intelligent und wundervoll geschrieben, dass mein Buchliebhaber-Herz freudig hüpft. Es ist jedoch bestimmt von Vorteil, das Buch in einem kurzen Zeitraum zu lesen um alle Charaktere zu begreifen und miteinander verknüpfen zu können. Zu den vielen Protagonisten kommen später im Roman zusätzlich Zeitsprünge, die es aber ebenso besonders und wundervoll machen. Ich könnte ewig von diesem schriftstellerischen Highlight schwärmen, denke aber jeder sollte sich selbst ein Bild machen. Ein so liebevoll verknüpftes Buch bleibt im Gedächtnis und ist mir länger nicht über den Weg gelaufen. Der Roman hallt nach, er wird ewig ein Glanzstück in meiner Lesechronik bleiben!
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