Ein sehr leseintensiver und gesellschaftskritischer Monat geht vorüber. Ich habe sehr viel „schwere Kost“ zu mir genommen, es ging um die Menschlichkeit, den Klimawandel, die Schere zwischen Arm und Reich und Politik. Der Abgrund der Menschheit und so vieles was im Argen liegt hat mich beschäftigt und den Oktober zu keinem leichten Lesemonat gemacht.
Gytha Lodge – Bis ihr sie findet
Inhalt:
Sechs Freunde. Ein Mörder. Wem vertraust du?
Von einer sommerlichen Zeltnacht mit den Freunden ihrer großen Schwester kehrt die vierzehnjährige Aurora nie zurück. Dreißig Jahre später wird ihre Leiche gefunden. In einem Versteck, von dem eigentlich nur die sechs Freunde gewusst haben können. Detective Chief Inspector Jonah Sheens ist fest entschlossen, den Cold Case ein für alle Mal zu lösen.
Mein Eindruck:
Das Buch rund um die Story eines verschwundenen Mädchens hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Dabei kommt die Geschichte ganz ohne Effekthascherei aus und entwickelt sich eher ruhig. Trotzdem fand sich keine Phase, die sich zog oder mich langweilte. Was mir besonders gefiel war die abwechselnde Erzählung aus der Vergangenheit, sowie der Gegenwart und das aus verschiedenen Sichten, die sich darin gipfeln, dass man endlich erfährt, was wirklich vor 30 Jahren geschah. Die Charaktere des Buches bekommen alle genug Aufmerksamkeit, um sie zu Hhinterleuchten und sich mit ihnen „anzufreunden“. Handlung und Ende sind schlüssig und bleiben mir keiner Antwort schuldig. Großes Lesevergnügen!
Kelly Oram – Cinder & Ella
Inhalt:
Nach einem schweren Autounfall hat Ella ein Jahr voller OPs und Rehas hinter sich. Und nun muss sie auch noch zu ihrem Vater und dessen neuer Familie ziehen, die sie überhaupt nicht kennt. Ella will nur eins: ihr altes Leben zurück. Deshalb beschließt sie, sich nach langer Zeit wieder bei ihrem Chatfreund Cinder zu melden. Er ist der Einzige, der sie wirklich versteht, und obwohl sie ihn noch nie getroffen hat, ist Ella ist schon eine halbe Ewigkeit heimlich in ihn verliebt. Was sie nicht weiß: Auch Cinder hat Gefühle für sie. Und er ist der angesagteste Schauspieler in ganz Hollywood.
Mein Eindruck:
Vorhersehbare, aber wunderschöne Liebesgeschichte. Wir erleben eine moderne Interpretation von Cinderella, in der sich Ella in ihren Chatfreund Cinder verliebt. Sie weiß jedoch nicht, dass es sich dabei um den gefragtesten Hollywoodstar seiner Zeit handelt und leidet selbst nach einem schweren Unfall unter Selbstwertgefühlen. Das ruft natürlich Konflikte hervor, als es um ein mögliches Treffen geht. Dabei wird das „Anders- und Behindertsein“ behandelt, es geht um Mobbing, um fehlendes Selbstwertgefühl, um die ganz große Liebe und viel Gefühl. Trotz Vorhersehbarkeit eine schöne Geschichte, die nicht plump wirkt.
Bérengère Viennot – Die Sprache des Donald Trump
Inhalt:
Donald Trump ist berühmt für seine vulgäre, sarkastische und konfuse Sprache, die allen Regeln der Grammatik und des Anstands trotzt. Bérengère Viennot übersetzt seine Reden und Beiträge ins Französische und ist dabei mit einem Universum konfrontiert, das sie fassungslos und wütend macht. In ihrem brillanten Essay geht sie dem Phänomen der Trump-Sprache auf den Grund: Wie fließend ist der Übergang von der Brutalität seiner Worte zu seiner Politik? Was sagt die Verrohung seiner Sprache über den Zustand Amerikas aus? Und warum geht uns das alle etwas an?
Mein Eindruck:
Das Buch führt zu unverständlichem Kopfschütteln, nicht über die Autorin, sondern über den amtierenden Präsidenten. Jeder (ich hoffe zumindest jeder, den ich so kenne) schüttelt regelmäßig den Kopf über Donald Trump. In diesem Buch durchleuchtet die Autorin seine Sprache, was dahinter steckt/stecken könnte und was uns tatsächlich Angst machen müsste – wie konnte dieser „Reality Star“ überhaupt zum Päsidenten gewählt werden? Was sagt das über Amerika aus? Was sollten andere Länder davon lernen? Zudem wird so einiges in den Raum gestellt, was selbst nie aufgefallen wäre: Hat Trump vielleicht eine Schreib-/Leseschwäche? Besitzt er erste Anzeichen von Alzheimer? Vieles wird einleuchtend erklärt, man merkt, dass es gar nicht so einfach ist, diese „Figur“ zu übersetzen, die Worte in den richtigen Kontext zu stellen und der Verantwortung darin bewusst zu sein. Ein Buch, welches dazu führt, genauer hinzuschauen, andere Seiten zu beleuchten und der Versuch das Phänomen Trump anders zu beleuchten. Lesenswert!
Christiane zu Salm – Dieser Mensch war ich
Inhalt:
Sterbende berichten über das, was in ihrem Leben wirklich wichtig war.
Wir wissen, wie große Philosophen, Dichter und Denker starben. Sie haben der Nachwelt oft detailliert hinterlassen, was sie empfanden, was sie bewegte in ihren letzten Stunden. Aber was denkt die Verkäuferin im Supermarkt, was der Kfz-Mechaniker, was die Gemeinde-Mitarbeiterin von nebenan? Wie betrachten ganz normale Menschen ihr Leben im Rückblick, wenn sie wissen, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt? Die ehrenamtliche Sterbebegleiterin Christiane zu Salm hat sie gefragt und die daraus entstandenen persönlichen Nachrufe in diesem Buch gesammelt. Dabei herausgekommen ist ein Zeugnis von ergreifender Echtheit: kein Buch über das Sterben, sondern über das Leben.
Mein Eindruck:
Ein Buch, in dem die zu Wort kommen, denen man nicht mehr lange zuhören kann, weil sie kurz vor dem Tod stehen. Was sich so dramatisch anhört, ist nicht nur unendlich traurig, ungerecht und furchtbar, sondern in einigen Lebensrückblicken auch lustig, bemerkenswert und unheimlich tröstend. Ein Buch, welches von Grund auf ehrlich ist, kein Blatt vor den Mund nimmt und zum Nachdenken anregt. Über sein eigenes Leben, ob man zufrieden ist, was man lieber ändern sollte, bevor es zu spät ist und wie man leben kann, ohne zu bereuen, denn irgendwann ist es zu spät. Auch gut nebenbei zu lesen, da die vereinzelten Lebensgeschichten in sich geschlossen und eher kuz sind.
Kelly Oram – Cinder & Ella: Happy End – und dann?
Inhalt:
Cinder & Ella sind zurück! Endlich haben Cinder alias Brian und Ella sich gefunden! Die beiden schweben auf Wolke sieben und sind verliebter denn je. Aber schneller als ihnen lieb ist, holt sie die Realität wieder ein. Zwischen Alltagsstress und Familienproblemen ist Brian schließlich immer noch der angesagteste Schauspieler Hollywoods – und das merkt auch Ella, die plötzlich mehr denn je im Rampenlicht steht. Doch ist ihre Liebe wirklich stark genug, dem Druck des Showbusiness standzuhalten?
Mein Eindruck:
Nachdem ich das erste Buch bereits gehört habe, hing ich die Fortsetzung direkt mit dran. Es hätte sich tatsächlich auch um ein BUch handeln können, denn es ging im Prinzip in gleicher Manier weiter, wie das erste aaufgehört hat, auch ohne viele störende Rückblenden. Wen also interessiert, was nach einem Happy End passiert, der kann sich hier den Alltag des Pärchens widmen. Doch – Achtung Spoiler – das Buch endet wieder so, dass ich mit einer weiteren Fortsetzung rechne.
Lucas Fassnacht – #KillTheRich
Inhalt:
Ein achtloser Online-Post stürzt die ganze Welt ins Chaos: Die Armen erheben sich gegen die Reichen, der Zorn derer, die nichts haben, lodert hoch. Nur Tage später kommt es überall zu Unruhen, Demonstrationen und Anschlägen. Straßenschlachten und Polizeigewalt bestimmen das tägliche Leben – alles dokumentiert unter dem Hashtag KillTheRich. Und das ist erst der Anfang! Es gibt nur zwei Personen, die den globalen Bürgerkrieg noch verhindern können: die mutige niederländische Diplomatin Conrada van Pauli und der alternde indische Starjournalist Bimal Kapoor. Während Conrada nach Brasilien reist, um sich ein Bild der Lage zu machen, verfolgt Bimal eine Spur, die nach Frankreich führt. Doch beide haben sich mächtige Feinde gemacht, die vor nichts zurückschrecken werden …
Mein Eindruck:
Vorweg sei gesagt, dass es sich bei dem Buch weder vom Inhalt, noch vom Schreibstil um leichte Kost handelt. Ein spannender Einstieg ins Buch, wir befinden uns auf verschiedenen Orten der Welt, lernen unterschiedliche Charaktere kennen, darunter auch die Protagonistin Conrada. Der Hashtag #killtherich ist bereits im Umlauf, die Welt gerät zumindest in Brasilien schon aus den Fugen. Und direkt beschleicht sich ein beklemmendes Gefühl, weil es so realistisch ist. Nicht nur die gute Recherche des Autors und die aktuellen Namen aus der realen Politik und Wirtschaft, sondern auch das Szenario an sich, welches durchaus genauso geschehen könnte. Hier sieht man, welche Macht das Volk haben kann, wenn es zusammenarbeitet und aufsteht. Man muss sich jedoch auch durch unglaublich viele Abkürzungen und Namen kämpfen, was den Lesefluss nicht unbedingt fördert. Ich bin bei den Abkürzungen im Laufe der Geschichte dazu übergegangen, diese zu überlesen. Es kristallisieren sich mehrere Protagonisten und Nebengeschichten heraus, die näher verfolgt werden. Das ist beim Lesen sehr spannend, da man nie genau weiß, ob es sich um eine abgeschlossene Nebenhandlung handelt oder ob wir von den Personen noch mehr hören. Das Buch verliert definitiv nicht an Geschwindigkeit. Manches mal muss man sich wirklich konzentrieren, um bei allen Namen, Abkürzungen und Geschichten nicht den Überblick zu verlieren. Die Anschläge und Flucht der verschiedenen Protagonisten gehen weiter. Spätestens nach diesem Buch weiß ich wieder, warum ich nie Politiker werden wollen würde. Es wird doch wieder gut aufgezeigt, wie korrupt die Menschen sind, dass das eigene Wohlergehen und das Bestreben nach Macht und Besitz einfach vor dem Gemeinwohl steht und dass man selbst, wenn man anders ist, durch diese dreckigen Machenschaften kaum durchkommt. Und selbst wenn dies funktioniert, muss man nachher abwägen, ob man die richtigen Leute bestrafen kann oder ob das Gleichgewicht damit völlig gestört wird und man mehr anrichtet als gut macht. Das Buch war schon keine leichte Kost, ich bin jedoch davon überzeugt, dass es so passieren könnte, wenn der „Pöbel“ den Mut aufbringen würde, aufzustehen. Dann kann eine große, verherrende Bewegung starten. Das Ende des Romans finde ich ziemlich kurz gehalten, wenn man bedenkt, dass man beinahe ein 700 Seiten Buch vor sich hat und andere Nebenerzählungen auch viel mehr Aufmerksamkeit gespendet wird. Daher ein kleiner Stern Abzug.
Jojo Moyes – Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
Inhalt:
1937: Hals über Kopf folgt die Engländerin Alice ihrem Verlobten Bennett nach Amerika. Doch anstatt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten findet sie sich in Baileyville wieder, einem Nest in den Bergen Kentuckys. Mächtigster Mann ist der tyrannische Minenbesitzer Geoffrey Van Cleve, ihr Schwiegervater, unter dessen Dach sie leben muss. Neuen Lebensmut schöpft Alice erst, als sie vier Frauen von der Packhorse Library kennenlernt: eine der Bibliotheken auf dem Lande, die auf Initiative der Präsidentengattin Eleanor Roosevelt gegründet wurden. Wer zu krank oder zu alt ist, dem bringen die Frauen die Bücher nach Hause. Tag für Tag reiten sie auf schwer bepackten Pferden zu den abgelegenen Farmen in den Bergen. Alice liebt ihre Aufgabe, die wilde Natur und deren Bewohner. Und sie fasst den Mut, ihren eigenen Weg zu gehen. Auch in der Liebe. Gegen alle Widerstände.
Mein Eindruck:
Ein Buch, welches ein erster Schritt in den Feminismus sein könnte, in einer Zeit, wo das Wort vermutlich noch nicht mal erfunden war. Eine Geschichte um eine Frau, die eine weibliche Gruppe um sich scharrt, die zu Freundinnen werden. Sie lebt ihnen ein unabhängiges, freies Leben vor, welches sich nicht an die geltenden Regeln oder Meinungen der Männerwelt orientiert, selbst als das Lebenskonzept zu scheitern droht, zahlt es sich aus, ein Vorbild für ihre Freundinnen gewesen zu sein. Eine weibliche Dynamik kommt zum Vorschein, vor der sich die Männer in Acht nehmen können. Alles verpackt in zwei schönen Liebesgeschichten mit Männern, die diese neue Art des Frauen-Aktionismus akzeptieren und lieben.
Sarah Perry – Melmoth
Inhalt:
Helen Franklins Leben nimmt eine jähe Wende, als sie in Prag auf ein seltsames Manuskript stößt. Es handelt von Melmoth – einer mysteriösen Frau in Schwarz, der Legende nach dazu verdammt, auf ewig über die Erde zu wandeln. Helen findet immer neue Hinweise auf Melmoth in geheimnisvollen Briefen und Tagebüchern – und sie fühlt sich gleichzeitig verfolgt. Liegt die Antwort, ob es Melmoth wirklich gibt, in Helens eigener Vergangenheit?
Mein Eindruck:
Ein Buch, welches Dich in eine düstere, traurige, schaurige, finstere Stimmung zieht. Man kann sich dem gar nicht entziehen, ist Leser, jedoch auch gleichzeitig Teil der Geschichte, wird hin und wieder vom Erzähler der Story angesprochen (sehr ungewöhnlicher Stil) und versinkt im Leben der Protagonistin, welches sich jedoch auch mit der Vergangenheit vermischt. Alles dreht sich und die Legende von Melmoth, die stiller Beobachter jeglicher unschöner Taten Deines Lebens ist und war. Was für den Hauptcharakter des Buches anfangs surreal und lediglich ein Märchen zu sein scheint, zieht sie in ihren Bann, sie beginnt durch einen Freund nach Melmoth und deren geschichtliches Auftauchen zu recherchieren, bis sie sich vollends in ihrem Bann befindet und kaum noch von Realität und Fiktion unterscheiden kann. Dies geschieht auf solch beklemmende Art, dass selbst dem Leser ganz bang wird. Selten hat mich ein Buch in eine solche Stimmung versetzt.
Jonathan Safran Foer – Wir sind das Klima!
Inhalt:
„Wir sind die Sintflut… und wir sind die Arche!“
Mit „Tiere essen“ hat Jonathan Safran Foer weltweit Furore gemacht: Viele seiner Leser wurden nach der Lektüre Vegetarier oder haben zumindest ihre Ernährung überdacht. Nun nimmt er sich des größten Themas unserer Zeit an: des Klimawandels. Der Klimawandel ist zu abstrakt, deshalb lässt er uns kalt. Foer erinnert an die Kraft und Notwendigkeit gemeinsamen Handelns und führt dazu viele gelungene Beispiele an, die uns als Ansporn dienen sollen. Dabei können wir die Welt nicht retten, ohne einem der größten CO2- und Methangas- Produzenten zu Leibe zu rücken: der Massentierhaltung. Foer zeigt einen Lösungsansatz auf, der niemandem viel abverlangt, aber extrem wirkungsvoll ist: tierische Produkte nur einmal täglich zur Hauptmahlzeit!
Mein Eindruck:
Im Nachhinein muss ich sagen: Leider habe ich das Buch nebenbei gehört und nicht gelesen. Teilweise war ich beim Zuhören vielleicht nicht so konzentriert, wie ich es hätte sein können, dennoch hat es genügt, mir einen Denkzettel zu verpassen. Ja, ich versuche mich mit dem Klima auseinander zu setzen. Ja, ich bin bemüht meinen Beitrag dazu zu leisten. Aber bisher war es mir nicht in diesem Ausmaße klar, dass wir viel viel viel weniger Fleisch und tierische Produkte essen sollten. Ich benötige generell nicht jeden Tag Fleisch, aber komplett darauf verzichten möchte ich eigentlich auch nicht. Nachdem ich dieses Buch gehört habe, sollten Tiere jedoch noch bedeutend weniger auf meinem Speißeplan stehen, als bisher. Ich mag den Inhalt des Buches gar nicht wiedergeben, sondern eher dazu anstiften, es selbst zu lesen und spätestens danach (vermutlich automatisch) das eigene Handeln zu überdenken. Ich muss in diesem Zuge wohl auch unbedingt noch „Tiere essen“ lesen, welches vom gleichen Autor stammt und wohl den gleichen Effekt hat.
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